Junot
   
 
 
                                                                                                

 
 
GEHEIMER BAURAT FRIEDRICH LOUIS FRANZ JUNOT (1821 - 1897)

 

Die Praxis im Verwaltungsapparat des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt, von seinen Beamten sowohl für alle ihre beruflichen Aktivitäten als auch für ihre privaten Befindlichkeiten Rapport erstatten oder Genehmigungen einholen zu müssen, war für die Betroffenen sicher sehr nervig. Für den Geschichtsinteressierten heutzutage bedeuten aber die dicken Aktenstöße, in denen sich der Lebensweg dieser Staatsdiener fast nahtlos widerspiegelt, einen Glücksfall. Mancher mag sich schon gefragt haben, wer wohl die Junots auf den beiden leider schon stark verwitterten Grabplatten, die an der Innenseite der nördlichen Begrenzungsmauer des alten Gottesackers an der Zinkestraße eingelassen sind, waren. Als dieser Friedhof zwischen 1928 und 1932 zum Botanischen Garten gestaltet wurde, wusste man offensichtlich, wer da geehrt wurde. Und daher entschieden sich die Stadtväter für den Erhalt der Gedenkplatten. An dieser Stelle wurde das Ehepaar Junot, welches Jahrzehnte in Frankenhausen lebte und hier ohne Nachkommen verstorben ist, bestattet. Wenn auch leider dessen Wohnadresse in der Stadt nicht mehr nachzuvollziehen ist, so kann man doch im Bürgerbuch der Stadt erfahren, dass die Eheleute sich erst sehr spät entschlossen, um das offizielle Bürgerrecht nachzusuchen, was ihnen mit Eintragung am 18.07.1889 gewährt wurde. Dies war praktisch der Zeitpunkt nach Ausscheiden aus dem Berufsleben für den Geheimen Baurat Louis (auch Luis geschrieben) Junot, dessen Todestag sich am 3. Juni dieses Jahres zum 110. Mal jährt.

Baurat Junot war nicht nur von seiner Herkunft her eine interessante Persönlichkeit. Durch sein Wirken und seine unermüdliche Tätigkeit im Bauamt der schwarzburgischen Unterherrschaft mit den beiden größten Orten Frankenhausen und Schlotheim und den sie umgebenden Dörfern hat er bis heute Bleibendes in unserer Region hinterlassen. Bis zu seinem Tode stand ihm seine treusorgende Ehefrau Mathilde zur Seite, welche einer wohlrenommierten Rudolstädter Familie, nämlich der des Fürstlichen Kammermusikus und Kapellmeisters Friedrich Maximilian Eberwein, entstammte.

 

                                             Luis Junot 1821 - 1897                 Mathilde Junot 1827 - 1898

                                             Dazu aus dem Kirchenbuch:

                                             Friedrich Ludwig Franz Junot, Geheimer Baurat a.D.

                                                            gest. 3. Juni 1897, Beerdigung 1. Klasse mit Rede

                                                            geb. 1821 in Katzhütte

                                                            Mathilde Auguste Emilie Sophia, geb. Eberwein,

                                             gest. 6. Februar 1898, Beerdigung 1. Klasse mit Rede,

                                             geb. Rudolstadt; Magenkrebs.

 

Grabplatten des Ehepaares Junot im Botanischen Garten, Foto: Mansel, 2007

Friedrich Ludwig Franz (Louis) Junot war der Nachkomme einer französischen Emigrantenfamilie. Sein 1785 allerdings schon in Ballenstedt geborener Vater, Franz Carl Emanuel Junot, war ein exzellenter Hüttenfachmann und von daher trat er etwa um 1821 als Fürstlicher Hütteninspektor in die Dienste des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt, wo er sich eine sehr geachtete Stellung als Fürstlicher Bergrat erwarb. In Katzhütte baute er ein bedeutendes Eisenverhüttungs und –verarbeitungswerk auf. Er lebte dort mit seiner ersten Frau Louise Albertine, geb. Hünicke aus Zerbst, mit der er 6 Kinder hatte. Sie war auch die leibliche Mutter von Louis Junot. Sie verstarb leider am 13. Mai 1833. Ein Glück für den danach mit der Betreuung der Kinder überforderten Vater war die Bekanntschaft mit der ältesten Schillertochter Karoline Henriette Luise, welche in Rudolstadt eine Mädchenschule gegründet hatte, die sie im Gedenken an ihren berühmten Dichtervater „Schiller-Schule“ nannte.

 

Caroline Junot, geb. von Schiller, aus Schwarzburgbote

Die Bekanntschaft mit Vater Junot schien dadurch entstanden zu sein, dass die Junottochter Franziska diese Schule besuchte. Karoline von Schiller, Junots zweite Ehefrau, widmete sich liebevoll all ihren Stiefkindern, nahm Anteil und Einfluss auf deren Werden und „erlebte noch mit der Junot’schen Familie die Freude, am 30. Mai 1846 den ältesten Sohn Louis Junot zum Bau-Kondukteur mit Sitz und Stimme im Fürstlichen Bauamte ernannt ... zu sehen.

An dieser Stelle soll erwähnt werden, dass unser Stadtarchiv über eine kleine bibliophile Kostbarkeit zur Familie Junot verfügt. Im Bestand befindet sich ein Buch, ehemals im Besitz von Emilie von Gleichen, geb. von Schiller, der Schwester von Caroline Junot, geb. von Schiller und damit der Stiefmutter von Louis Junot. Dieses enthält auf der inneren Titelseite das Autograph von Caroline Junot mit dem handschriftlichen Zusatz „geb. von Schiller“.

Autograph von Karoline Schiller

  

Dem jungen Louis ist gewiß sein Vater, „der als Beamter von vornehmer, heiterer Ruhe bezeichnet wird und, gleich seiner Gattin, von stattlicher würdevoller Erscheinung war“ ein Leben lang Vorbild gewesen, ja die Anerkennung, welche sein Vater seinerzeit genoss, war bei der Beförderung im Amte von Junot junior nicht vergessen worden.

 

Franz Carl Emanuel Junot, aus dem Schwarzburgbote

Der Vater war es auch, der seinen Kindern eine gute Erziehung angedeihen ließ. So wählte er für die Ausbildung seines Sohnes Louis die als pädagogisch wertvoll und fortschrittlich anerkannte von Friedrich Fröbel (1782-1852) 1816 in Griesheim bei Arnstadt gegründete und ein Jahr später nach Keilhau verlegte Allgemeine Deutsche Erziehungsanstalt Keilhau, heute Freie Fröbelschule Keilhau. Diese absolvierte Louis Junot von 1834 bis 1836. Von dort erhielt er später im Jahre 1877 den Auftrag für den Entwurf des sogenannten Baropturmes zu Ehren des nachfolgenden Leiters dieser Einrichtung Johannes Arnold Barop, zu dessen Zeiten Junot dort Schüler war. Von 1836 bis 1839 besuchte er das Gymnasium in Rudolstadt, um danach auf der Universität Berlin von 1841-1843 Architektur zu studieren. Später hatte er das Glück, seine erworbenen Kenntnisse bei dem renommierten Architekten Louis Tullius Joachim Visconti (1791-1853) in Paris vervollständigen zu dürfen. Wenn man nur die hervorragendsten Arbeiten dieses Architekten ins Kalkül zieht, nämlich das Pophyrgrab Napoleons I. im Invalidendom, das Hôtel des Invalides und den Ausbau des Louvre, so wird man ermessen können, welchen Zugewinn an Erfahrung und Wissen dies dem jungen strebsamen Mann brachte. Zusätzlich wurde er als Protegé Helenes von Orléans in die Kreise des Pariser Hochadels eingeführt, wo er wohl einen letzten weltmännischen Schliff erhielt. Die Förderung durch diese Dame, einer Geborenen von Mecklenburg-Schwerin, war sicher Marie von Schwarzburg-Rudolstadt, ihrer Schwägerin, geschuldet. Sein heimatliches Fürstentum hielt damit auch in der Seine-Metropole die Hand über ihn.

Als ihn in Paris ein Schreiben des Kammerpräsidenten Scheller aus Rudolstadt erreichte, auf welches er am 10. März 1846 antwortete, war er im Zweifel darüber, ob Scheller damit ein konkretes Angebot gemacht hatte oder ob er sich um die avisierte Stelle in Rudolstadt erst bewerben müsste. Sicher war ihm klar, dass seine materielle Situation ihm keinen unbegrenzten Aufenthalt in Paris erlauben würde. So äußerte er sich durchaus geneigt, wollte aber noch gern bis Anfang Mai in Paris bleiben, um seine Studien zu beenden. Offensichtlich war ihm der Wunsch angetragen worden, einen Theaterneubau zu leiten, worauf er sich gern noch in den Werken der Königlichen Bibliothek beschäftigt hätte. Sollte er den Auftrag tatsächlich erhalten, würde er sich auch gern hinsichtlich der „Maschinerei in natura“ umsehen. Allerdings müsste er in diesem Falle um nicht unbedeutende Trinkgelder bitten, zumal er dann das Zeichnen, wovon er gegenwärtig seinen Lebensunterhalt bestreite, aufgeben müsste. Offensichtlich schon mit der Planung seiner Rückkehr nach Rudolstadt befasst, bat er um die Besorgung von Transportmöglichkeiten für seine vielen Zeichnungen, Entwürfe, Unterlagen, usw., zumal er die Grenzkontrollen fürchtete, die bei Öffnung der Kisten zu einem Durcheinander ohne sein Dabeisein führen könnten.

Am 28. März 1846 bereits ging aus Paris folgendes Schreiben ab: „Gnädigsten Fürsten und Herrn, Ew. Durchlaucht gnädigen Bestimmungen gegen mich und die huldvolle Anstellung, welche mir auf Hochdero Befehl zu Theil geworden, erdreisten mich, Ew. Durchlaucht meinen unterthänigsten Dank dafür zu Füßen zu legen, mit der Versicherung, daß ich mit allen meinen Kräften mich dem Dienst Ew. Durchlaucht widmen werde, um mich so der mir erwiesenen hohen Gnade immer würdiger zu machen. In tiefster Ehrfurcht unterthänigster Diener L. Junot“

Im Mai scheint Junot nach Rudolstadt heimgekehrt zu sein. Dort erhielt er seine Anstellung:

Extract Geheime Registrande No. 211 Mensa Mai 1846 – Pro memoria, die Anstellung des Architekten Junot allhier betreffend:

Resolutio   Ihro Hochfürstl. Durchlaucht finden gnädigst Sich bewogen, den Architekten Louis Junot zum Baucondukteur mit Sitz und Stimme im Bauamt zu bestellen und demselben von und mit dem Quartale Trinitatis a. c. eine jährliche Besoldung von 600. Gulden aus der Fürstlichen Cammer-Casse zugestehen wollen. Hiernach das erforderliche Dekret ausfertigen lassen und von dieser höchsten Entschließung der Fürstlichen Cammer nachrichtliche Nachricht ertheilen., Rudolstadt, den 22. Mai 1846

Am 5. Juni 1846 wurde die Vereidigung des Baukondukteurs Junot „per Resolutio“ bekannt gemacht und von Junot die Verpflichtung zur Wahrung von Dienstgeheimnissen eidlich beschworen.

In dem Schriftstück vom 29. Mai 1846 über eine Sitzung des Fürstlichen Cammeralcollegiums wurde Junot als zweiter Beamter in dieses Collegium berufen, er wurde nach seiner stattgefunden Ernennung zum Bauconducteur dem Kammerpräsidenten Scheller zur Seite gestellt. Dabei erinnerte man sich der Verdienste seines Vaters und brachte seine Freude darüber zum Ausdruck, dass man den Namen Junot nicht mehr vermissen müsse, und wünschte ihm viel Glück.

Im Juni 1846 ist aus dem Bescheid an die Kanzlei und Rechnungsstube zu erfahren, welche Aufgaben dem jungen Beamten zugeteilt wurden. Nimmt man eine Thüringenkarte zur Bestimmung seiner Einsatzorte zur Hand, erkennt man, dass seine Arbeitsstelle nicht ein gemütliches Beamtenbüro war, vielmehr musste er weit mehr als 50 km im Rudolstädter Umkreis herumreisen. Ähnliche Landstraßentouren werden ihn später auch in Frankenhausen erwarten. Er war verantwortlich für die Leitung und Besorgung der herrschaftlichen Bauten in den Fürstlichen Rentämtern Leutenberg, Könitz, Ilm, Ehrenstein, Blankenburg, usw.; „die Leitung und Besorgung in dem Fürstlichen Directorialgebäude, in dem Landschaftshause und Steueramt in Rudolstadt, die Kirchen- und Pfarrerwohnungen und Schulbauten in den oben bereits genannten Orten und anschließender Sprengel, in dem Zucht-Irren- und Landarbeitshause Rudolstadt“, er musste das „Feuerdirectoriat bei Feuersbränden auch auf dem Lande, die landespolizeilichen und die Rudolstädter stadtbaupolizeilichen Geschäfte übernehmen; ihm oblag die Teilnahme an den Prüfungen der Baugewerke, außerdem wurden ihm die Baulichkeiten des Bernhardinenstiftes übertragen. Man muss sich dies zu der Zeit der Kleinstaaterei vorstellen; selbst innerhalb des gleichen Fürstentumes warteten an vielen Ortseingängen Chausseegeldkassierer. Dem neu ernannten Bauconducteur Junot wurde deshalb vom Fürstlichen Steuercollegio eine Freikarte übergeben.

Es ist anzunehmen, dass der junge Mann trotz all dieser Strapazen noch Kraft und Zeit aufbrachte, um am gesellschaftlichen Leben des Rudolstädter Hofes teilzuhaben, schließlich war er gerade aus der lebenslustigen Weltstadt Paris zurückgekehrt. (Später wird er in Frankenhausen über die geringen kulturellen Angebote klagen.) Vielleicht waren es die Hofkonzerte, wo er seine Zukünftige traf. Jedenfalls erfahren wir aus der „Ministerial Registrande No. 335 vom 27. Mai 1850 Mense Mai 1850“ von dem „Gesuch des Bauconducteurs Junot hier um Erlaubnis zur Verheirathung“ und erfahren in einer „Resolutio: Serenissimus wollen dem Bauconducteur Junot die gebetene Erlaubniß zur Verheiratung mit der Tochter des Hofmusicus Eberwein, gnädigst ertheilen und tragen der Fürstlichen Cammer auf, demselben solches unter einem guten Wunsche bekannt zu machen, Rudolstadt, den 24. Mai 1850“. Dem jungen Paar blieben jedoch nur noch drei Jahre in der Residenzstadt, dann veränderte am 20. September 1853 die Versetzung des Bauconducteurs Junot in die Fürstliche Unterherrschaft ihr Leben grundsätzlich und auf Dauer. Auf höchste Resolutio sollte er mit dem 1. Quartale nächsten Jahres dort seine Stelle antreten. „Der Bauconducteur Junot bemerkte hierauf, daß er sich dem ihm hiernach gewordenen Befehle fügen müße und werde, und bitte nur noch um nähere Instructionen. Schließlich wurde Compatenten noch eröffnet, daß er Behufs der Baurevisionen noch in diesem Herbste eine Reise in die Unterherrschaft machen müße“. Die Delegierung in die allgemein ungeliebte Provinz muss für den weltoffenen und gebildeten Mann eine herbe Enttäuschung gewesen sein, stand sie doch im Gegensatz zu den ihm zuvor eröffneten viel versprechenden Aussichten.

Um ihm die Sache schmackhaft zu machen, wurde am 11. November 1853 für ihn vom Fürstlich Schwarzburgischen Ministerium der Antrag auf das Dienstprädikat „Baurath“ gestellt, was vom Fürsten Friedrich Günther am 23. November 1853 bestätigt wurde. Dies beinhaltete auch eine höhere Besoldung, die wie nachstehend aufgeschlüsselt war:

„A. von eigentlicher Besoldung

800 Gulden = 457 Thaler, 4 Heller, 3 Pfennig

B. an Vergütung für Dienstaufwand

1. 200 Gulden  = 114 Thaler 15 Heller, 7 Pfennig fixierte Diäten

2. 236 Gulden 15 Kreuzer     = 135 Thaler

Vergütung für Haltung eines Dienstpferdes resp. f. Transportmittel

Diese Besoldungsmittel kommen sämtlich aus der Casse der Stadt und Kammeramtes zu Frankenhausen. Wenn er bisher kein Dienspferd gehalten hat, so soll er dies im Fall es zu Unerträglichkeiten kommt sich eines anschaffen“

Auch wenn sich auf häufiges Ersuchen seine Einkünfte im Laufe der Zeit etwas erhöhten, er wird auf Grund der Gegebenheiten auf dem flachen Lande und in einer Kleinstadt beinahe bis zu seiner Pensionierung nicht mit diesen Mitteln ausreichen können. So klagte er in einem Brief vom 17. Oktober 1854: dass er mit seinem Gehalt nicht auskomme und regelmäßig am Quartalsende Schulden mache, zumal er 200 G weniger hat als in Rudolstadt. Er beteuert, keine kostspieligen Vergnügungen zu haben und in Frankenhausen keine Möglichkeit zu Nebenverdiensten, er klagt weiter, dass er die Kosten für die Übersiedlung selbst tragen musste. In Rudolstadt konnte er sich Reisen und Bücher leisten, finanzielle Mittel, die er in Frankenhausen für den Lebensunterhalt verwenden müsse. Hier müsse er auf viele Annehmlichkeiten verzichten. Er verweist darauf, dass er während seiner 8jährigen Anstellungszeit noch nie mit Eingaben lästig geworden sei. Er verweist darauf, dass, wenn all diese Gründe nicht für eine Gehaltszulage ausreichen, er auf ein Entgelt für die auf ihn zukommende Mehrarbeit durch den Strausberger Brand, die er freudig leisten wolle, hoffe. Er bitte um Aufstockung seines Gehaltes.

Junot löste den bis dahin in Frankenhausen tätigen und jetzt schwer erkrankten Baurat Bleichrodt ab Anfang 1854 ab, ihm wurde die Leitung des unterherrschaftlichen Bauwesens übertragen.

Man räumte Junot für den Umzug Karenzzeit ein, bis die im Frühjahr beginnenden Baugeschäfte seine Anwesenheit erforderlich machten. Bleichrodt wurde angewiesen, das „Inventarium über die unterherrschaftlichen Baugeschäfte, die Bauacten ... an das Fürstl. Rent- und Steueramt Frankenhausen zu übergeben“, dort könne Junot sie übernehmen.

Die Stellung zum unterherrschaftlichen Straßenbauwesen wurde vom F. Ministerium, Abt. des Innern, instruiert. Im Gegenzug hat Junot die oberherrschaftlichen Unterlagen an den Baurat von Bamberg, mit dem er bisher in Rudolstadt in dem gleichen Collegio angestellt war, zu übergeben. Dieser wird die von Junot bisher besorgten Baugeschäfte mit übernehmen. Junot soll nach seiner Versetzung 800 Gulden jährlich erhalten.

Sein Verantwortungsbereich in der Unterherrschaft war durchaus nicht kleiner als in Rudolstadt, allerdings wirkte er hier eindeutig unter schwierigeren Bedingungen. Während es dort den umfangreichen Fürstlichen Beamtenapparat gab, der sicher gewisse Kooperation und Rückfragen möglich machte, stand er hier mit seiner Unterschrift unter jeden Bauantrag allein in der Verantwortung. Das galt für den bescheidensten ebenso wie für das Großprojekt. Das setzte immer eine gewissenhafte Prüfung voraus. Seine Reisen führten ihn zwangsläufig in alle Orte der weitläufigen Unterherrschaft, als Beauftragter für das Chaussee- und Wegewesen war er ebenfalls ständig unterwegs. Selbst bei Bauten, bei denen er nicht die Leitung übernommen hatte, war er zur baupolizeilichen Überprüfung verpflichtet.

Es war aus keiner Aktennotiz herauszufinden, ob er sich, wie bei seinem Umzug vom Ministerium empfohlen, ein Pferd zugelegt hatte. Wahrscheinlich hat er aber eher ein Mietfuhrwerk bevorzugt, wodurch seine Reisekosten extrem belastet wurden. Aus einer seiner Auflistungen zu Dienstreisen z. B. im Jahre 1869 erfahren wir, dass er monatlich mehr als 15 Tage auf Reisen war. Innerhalb eines Monats visitierte er die Orte Schlotheim, Strausberg, pendelte zwischen dem Rathsfeld, der Teichmühle und den Dörfern Esperstedt, Göllingen, Rottleben, Seega, Seehausen und dann wieder Ichstedt. Dabei nahm er seine Aufgabe für die Begutachtung der Straßen gleich mit wahr. Auch in der Unterherrschaft machte es sich erforderlich, durch eine Freikarte von der Entrichtung von Chausseegeldern entbunden zu werden, was ihm umgehend zugebilligt wurde.

Zu einer seiner ersten Aufgaben gehörte der Wiederaufbau der durch einen Brand zerstörten Domäne Strausberg. Der hierfür von der „Hochfürstlichen Durchlaucht“ anerkannte Kostenmehraufwand wurde ihm am 24. Juli 1856 mit 20 Thalern vergütet. Seine finanzielle Lage blieb nach wie vor bescheiden, auch wenn er am 22. März 1858 die Mitteilung erhielt: „Serenissimus haben sich in Gnaden bewogen gefunden, die Besoldung des Herrn Baurath Junot zu Frankenhausen im Betrage von 800 Gulden mit dem I. Quartal 1858 auf 1000 Gulden zu erhöhen.

Wiederum aus einem Antrag zur Vergütung von Reisen erfahren wir, dass er „wegen der Neubauten auf dem Kirchberge und nach Breitungen“ unterwegs war.“

Im Jahre 1866 war vom Ministerium in Rudolstadt angedacht, Junot nach Rudolstadt zurück zu berufen und dafür den Baurat Bianchi aus Katzhütte nach Frankenhausen zu schicken. Als dieser vehement und gleichsam entsetzt entgegen trat, zerschlug sich die Sache. Aber auch Junot hatte sich anscheinend eingelebt und lehnte die ihm gemachten Offerten ab, da sie eine Verschlechterung für ihn bedeuten würden. Er wollte in der jetzigen Stellung verbleiben, „so sehnlichst ich seit Jahren eine Versetzung nach Rudolstadt gewünscht habe und vorteilhaft für meine Gesundheit halte.“

Diese Gelegenheit allerdings nutzte er dazu und ist offensichtlich auch darum gebeten worden, seine Vorstellungen über seine Lebensumstände zu unterbreiten, nämlich „indem ich bei von mir Gesagten, in Anbetracht einer numehr 20jährigen treuen Dienstzeit, gewiß nicht unbilligen Wünsche, jene Versetzung betreffend, unterthänig zu erkennen gebe:

1. daß ich wie bisher direct unter den obersten Verwaltungsbehörden stehe und der Verwaltung nicht unterstellt werde, sondern in coordinativem Verhältnis zu demselben bleibe;

2. daß ich eine jährliche Besoldung von 800 Gulden und eine Vergütung für Reisekosten und Diäten von 300 Gulden zu beziehen habe und

3. daß mir die Heizungskosten zurückerstattet werden.

Diesen Wünschen füge ich noch die gehorsamste Bitte hinzu: gnädigst verordnen zu wollen, daß mir eventuell eine Specification der zu übernehmenden Geschäfte mitgetheilt werde, indem ich noch immer über die ganze Ausdehnung des neuen Wirkungskreisen im Unklaren bin.“

Nicht umsonst klingen in vielerlei Schriftstücken gesundheitliche Probleme an. Junot stammte aus einer Familie, in der Tuberkulose in wiederholten Fällen aufgetreten ist. Es erlagen mehrere Schwestern dieser Krankheit, erfährt man aus einem ärztlichen Attest des Frankenhäuser Stadtphysikus vom 19. Juli 1869. Junot wurde dringend der Aufenthalt in „hochalpiner Lage“ verordnet, um „dem schädlichen Winter in dieser Gegend zu entfliehen und sich für mehrere Monate in ein milderes Klima zu begeben.“

Am 16.8.1869 wurde ihm auf diesen Antrag hin ein sechsmonatiger bezahlter Urlaub zugebilligt und eine Vertretung für ihn eingesetzt. Erst am 22. April 1870 meldete er sich wieder im Dienst zurück.

Jährliche Urlaubsanträge für Badereisen und immer wieder Anträge auf Besoldungserhöhungen auch nach dreißigjähriger Dienstzeit füllen den Aktenordner. Erstaunt liest man, dass er am 7. Januar 1875 sogar dafür Urlaub, d. h. Genehmigung, beantragen musste, auswärtige Schulgebäude zwecks Berichterstattung an den Stadtrat zu besichtigen. Baurat Junot befand sich als Architekt des geplanten Neubaus der Bürgerschule in Frankenhausen gerade in der Vorbereitungsphase. Im April 1875 wurde dafür der Grundstein gelegt.

In seiner mehr als 40jährigen Dienstzeit erhielt Junot drei Auszeichnungen, und zwar erhielt er aus Anlass des Regentenjubiläums eine goldene Dose als Geschenk, am 23.11.1876 das Ehrenkreuz 3. Klasse und am 22.9.1889 das Ehrenkreuz 2. Klasse. Die Aufwertung seines Titels mit Geheimer Baurath erfolgte im Juli 1893.

Bereits im November 1884 wurde in einer öffentlichen Sitzung des Landtages über eine Pension für Baurat Junot beraten. Dieser fühlte sich zunehmend nicht mehr imstande, sein Amt auszuüben, was er durch ärztliches Attest von Dr. Gräf bestätigen lässt. Am 19. Juli 1889 endlich wurde Junot durch einen „Befehl“ pensioniert: „Der Baurath Junot zu Frankenhausen tritt in den Ruhestand unter Verwilligung der nach Vereinbarung mit dem Landtage auf 2400.-.M festgesetzten Pension.  

8 Jahre konnte er seinen Ruhestand noch genießen. Am 3.Juni 1897 entschlief er sanft, wie seine Ehefrau telegrafierte. Diese, an Magenkrebs erkrankt, folgte ihm am 6. Februar 1898 im Tode nach.

Da das Ehepaar Louis und Mathilde Junot keine eigenen Kinder hatte, engagierten sich beide persönlich wie finanziell stark bei der Unterhaltung der Kinderbewahranstalt in der Schlossstrasse, z. B. durch die Finanzierung so genannter Freistellen für Kinder weniger vermögender Eltern und durch die Einrichtung zweier Stiftungen. Während eine Stiftung Geld für jeweils 5 bedürftige Witwen bereitstellte, ermöglichte die zweite Stiftung jährlich jeweils einem Schulabgänger, der sich dem Lehrerstudium widmen wollte, ein Stipendium. Beide Stiftungen existierten bis etwa 1938. Anlässlich einer Erhebung über in Thüringen bestehende Stiftungen wurde das Vermögen beider Stiftungen als sehr gering bezeichnet. Ein genaues Datum für die Auflösung der Stiftungen ist nicht aufzufinden gewesen.

Bleibendes

Das Gedenken des Baurats Louis Junot ist durchaus geboten, hat er doch Bleibendes für die nachfolgenden Generationen in und besonders für Bad Frankenhausen hinterlassen. Obwohl in einer staatlichen Baubehörde tätig, wurden ihm als versierten Architekten immer wieder Aufträge von privaten Bauherren angeboten. Wenn es ihm die Zeit erlaubte, nahm er diese Aufträge nur allzu gern an, boten sie ihm doch eine nur allzu willkommene Abwechslung in seinem behördlichen Alltag. Am 30.Juni 1874 übertrug ihm der Stadtrat die Aufgabe, ein neues Schulgebäude zu entwerfen. Bereits Ende Juli lagen die ersten Entwürfe vor, die dem Stadtrat zur Begutachtung vorgelegt und auch genehmigt wurden. Dabei handelte es sich um den Neubau der Bürgerschule, der späteren Thomas-Müntzer-Schule bzw. des heutigen Hauptgebäudes des Kyffhäusergymnasiums in der Klosterstraße/Fritz-Brather-Straße.

Buergerschule um 1900, Foto Max Heyn

Kyffhäuser-Gymnasium 2007, Foto Mansel

Seitens des Stadtrates gab es lediglich eine konkrete Vorgabe: die neue Schule sollte möglichst mehr als 1.000 Schüler aufnehmen können. Bezüglich des Geldes war man für einen öffentlichen Auftraggeber recht großzügig. Der Stadtrat durfte auf größere staatliche Beihilfen hoffen. Wie alle deutschen Bundesstaaten, so hatte auch das Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt aus der Kriegsentschädigung, die Frankreich nach dem verlorenen Krieg von 1870/71 an das Deutsche Reich zu leisten hatte, einen kleinen Teil erhalten. Beide schwarzburgischen Fürstentümer, sowohl Schwarzburg-Rudolstadt als auch Schwarzburg-Sondershausen, investierten einen Teil davon in das Bildungswesen, wobei man seitens Rudolstadts vordergründig den Bau von Elementar- und Realschulen förderte. So erhielt auch die Stadt Frankenhausen einen Zuschuss zum Schulneubau. Im April 1875 wurde dann schließlich der Grundstein gelegt und 1877 war der erste Bauabschnitt vollendet. Louis Junot, der die Arbeiten während der gesamten Bauzeit betreute, bezifferte im März 1877 die Gesamtbaukosten auf die damals stolze Summe von 119.560,60 Mark. Der zwischen 1882 und 1888 vollendete Zweite Bauabschnitt fiel noch in seine Amtszeit als Fürstlicher Baurat. Es blieb nicht der einzige Schulneubau, den Louis Junot von der Planung bis zur Fertigstellung begleitete. Auch in den umliegenden Dörfern des Landratsamtsbezirkes Frankenhausen wurde er zu Schulneubauten herangezogen. Ausschlaggebend für die oftmalige Heranziehung seiner Person zur Planung moderner Schulgebäude war seine in der Öffentlichkeit bekannte Erziehung an der bereits in diesem Aufsatz erwähnten „Allgemeinen Deutschen Erziehungsanstalt Keilhau“, die einen besonders fortschrittlichen Ruf genoss.

Nicht immer sprudelte das Geld von öffentlicher Seite so ergiebig wie beim Bau der Bürgerschule. Als er gut zwanzig Jahre zuvor mit Entwurf und Bau eines Chausseehauses beauftragt wurde, wurde die von ihm veranschlagte Bausumme mehrere Male gekürzt. Auch dieses am 30.Oktober 1855 fertig gestellte Gebäude ist heute noch vorhanden. Es steht an der Straßenecke Esperstedterstraße - Seehäuserstraße und wird in bewundernswerter Weise durch den Schachclub Capablanca gepflegt und erhalten.

Chausseehaus Seehäuser/Esperstedter-Strasse, Foto Mansel, 2007

Baurat Junot hinterließ uns jedoch nicht nur beachtenswerte Bauwerke, sondern zeichnete sich als Landschaftsgestalter aus. Während Dr. Ernst Gräf und Kommerzienrat Wilhelm Herrmann mit der Errichtung eines Kurparks innerstädtische Akzente setzten, initiierte Louis Junot im Auftrag und als Mitglied des „Frankenhäuser Verschönerungsvereins“ die Schaffung eines Wanderwegenetzes im Südkyffhäuser, dass wohl jeder Frankenhäuser schon einmal beschritten haben dürfte. Dem voraus gegangen war 1865 seine Mitwirkung an der Gründung des „Naturwissenschaftlichen Verein“. An der Gründung mitgewirkt hatten unter anderen Dr. Ernst Gräf, Kommerzienrat Wilhelm Herrmann, Apotheker Hankel, August Hornung und Landrat Anton Klipsch. Zum Ansinnen des Vereins gehörte z. B. „das Bestreben … durch Forschung und Beobachtung im engen Kreise der nächsten Umgebung die Heimatskunde zu fördern“. Hierzu wurden Vorträge abgehalten oder eine naturwissenschaftliche Bibliothek angelegt, deren Bestände später z. T. der Ratsbibliothek übereignet wurden und heute noch dort zu finden sind. Allerdings zog es die Vereinsmitglieder, vor allem August Hornung und Louis Junot, weit mehr in die Natur. Baurat Junot, zeitlebens kränkelnd, betrachtete Wanderungen im Kyffhäuser als erholsam, jedoch das vorhandene Wegenetz als unzureichend. Inzwischen hatte sich der „Verschönerungsverein“ gebildet, an dessen Entstehung zahlreiche Mitglieder des „Naturwissenschaftlichen Vereins“ ihren Anteil hatten. Die Vorstellungen des Verschönerungsvereins gingen über die des „Naturwissenschaftlichen Vereins“ hinaus und wollten die herrliche Natur des Südkyffhäuser allen interessierten Leuten zugänglich machen. Mit der Schaffung des Wanderwegenetzes setzte Louis Junot diese Gedanken um.

Weniger bekannt ist wohl, dass Ruhe- und Erinnerungspunkte wie Georgs- und Hornungshöhe von ihm geplant wurden und auch die Namensgebung auf ihn zurückgeht. So erinnert die Georgshöhe an den 1890 verstorbenen Fürsten Georg von Schwarzburg – Rudolstadt (1838-1890), mit dem Baurat Junot freundschaftlich verbunden war. In den letzten Zügen seiner Regierung hatte Fürst Georg die Zustimmung zum Bau des „Kaiser Wilhelm Denkmal“ gegeben, ohne als einer der Protektoren selbst namentlich berücksichtigt zu werden. Während dann auf der Nordseite das monumentale Denkmal entstand, setzte Louis Junot mit bescheidenen Mitteln, aber bis heute bleibender Wirkung, dem ehemaligen Landesfürsten ein Denkmal. Die Hornungshöhe ist ein Andenken an August Hornung, der sich als Mitbegründer des „Naturwissenschaftlichen Vereins“ 1865 um die botanische Forschung verdient gemacht hatte. Vom Verschönerungsverein wurde auch Junot’s Gedanke umgesetzt, die Wanderwege in bestimmten Abständen mit Ruhebänken zu versehen, die vielfach von Kurgästen gestiftet wurden. Die heute noch vorhandene Ruhebank „Marthas Andenken“ ist vielleicht die Bekannteste. 1896 stiftete der Verschönerungsverein als Dank für die Verdienste des Baurates um Frankenhausen die „Junotbank“, deren Standort sich unmittelbar hinter „Schalls Garten“ (Haus und Park Hoheneck) am Wilhelmsstieg befand.

 

Ingrid Mansel und Dr. Ulrich Hahnemann

 

Quellennachweis

Schwarzburgbote, Blätter für Thüringer Geschichte und Heimatkunde, Beilage zur Landeszeitung für Schwarzburg-Rudolstadt und angrenzende Gebiete, Nr. 9 v. 3.11.1934.

Staats-Archiv zu Rudolstadt, Ministerium, Abt. Finanzen 0148, den Bau-Rath Friedrich Louis Franz Junot betreffend, 1846/98.

Stadtarchiv Bad Frankenhausen: Bauakte 1/VIII – 23: Errichtung der Bürgerschule 1873-1888.

Akten über Stiftungen 1/Va – 33: Junotstiftung und 1/Va – 42: Rechtsfähige Stiftungen in Frankenhausen 1926-1938.

Kulturgeschichte 1/Via – 288: Buch mit Autograph von Caroline Junot, geborene von Schiller.

Gemeindesachen 1/II A – 413: Bürgerbuch – Eintragungen von 1833-1906.

Frankenhäuser Zeitung Nr. 69, vom 15.06. 1897, Nachruf auf Baurat Junot.

Thüringisches Staatsarchiv Rudolstadt: Bestand 5-13-5000/Nr. 148: Personalakte des Baukondukteurs Friedrich Louis Franz Junot 1846-1898.

Bestand 5-99-2200/Nr. 330: Sammlungsmappe Max Eberwein.

Bestand Bauamt Frankenhausen Nr. 91: Das neue Chausseehaus bei Frankenhausen 1853-1903.

Bestand Landrat Frankenhausen Nr. 1334: Gründung des Naturwissenschaftlichen Vereins 1865-1878.